Architektur und Gesellschaft 2017

Gender & Space

(Lotte Schreiber, Kuratorin)

Geschlechtlichkeit und Sexualität als einen Bestandteil von Raum zu betrachten, darauf bestand als eine der Ersten die Architekturund Medientheoretikerin Beatriz Colomina in ihrem 1992 erschienenen Essaysammelband „Sexuality and Space“. Die darin veröffentlichten Beiträge konzentrieren sich auf jene Beziehungen zwischen Sexualität, Geschlechtlichkeit und Raum, die in unseren alltäglichen Praktiken verborgen sind. Tag für Tag stellen wir die uns „zugewiesene“ Geschlechtlichkeit im Rahmen einer Selbstinszenierung im Raum her und werden darin intersubjektiv bewertet und bestätigt. Dieses „doing gender“ stellt einen kulturell bedingten, interaktiven und situativen Herstellungsprozess dar – es produziert Räume und wird vice versa durch Räume produziert.

Unter dem Titel „Gender & Space“ beleuchtet die Programmsektion Architektur und Gesellschaft, dieses Jahr bereits zum achten Mal in Kooperation mit dem afo architekturforum oberösterreich, eben jenes Verhältnis von Geschlechterrollen und Raum. Rund um Sofia Exarchous bereits mehrfach preisgekrönten Debütfilm Park formiert sich ein vierteiliges Filmprogramm, das der Frage nachgeht, inwieweit das soziale Konstrukt „Geschlecht“ unser Verhalten in Räumen prägt sowie unsere Wahrnehmung und Vorstellung davon beeinflusst.

Park verortet eine Coming-of-Age-Story an Athens Peripherie, konkret in den seit über zehn Jahren leerstehenden, vor sich hin korrodierenden Bauten der Olympischen Spiele, die zur Bühne für geschlechtsspezifische Selbstinszenierungen und zum intimen Rückzugsort erster sexueller Erfahrungen werden. Der weibliche Körper als Akteur im transitorischen Raum liegt im Fokus von Wanderlust, cuerpos en tránsito. Dieser begleitet zwei junge Frauen unterschiedlicher Herkunft, die ausschließlich zu Land und zu Wasser von Ägypten nach Deutschland reisen. Die Rolle der Frau im bewaffneten Kampf um ein Territorium steht im Fokus von GulîsÎStan, terre de roses. Die kurdisch-kanadische Dokumentarfilmerin Zaynê Akyol gewährt uns Einblick in den unbekannten, verborgenen Alltag jener Frauen, die ihr Leben in den Dienst der kurdischen Revolution stellen. Einsamkeit, Stille und die ungebändigten Kräfte der Natur dominieren das Leben der Wissenschaftlerin Aušra Revutaite in den kasachischen Bergen des litauischen Beitrags Woman and the Glacier von Regisseur und Tribute-Gast 2008 Audrius Stonys. Im Kontrast dazu führt der davor programmierte lettische Kurzfilm Garāžas das Publikum in die von Testosteron dominierte Welt der Garagen.

 

Filme der Sektion: