Tribute 2012: Anca Damian


Biographie

1962 in Rumänien geboren. Sie studierte an der Akademie für Theater und Filmkunst in Bukarest, wo sie mit einem Diplom im Bereich Kamera abschloss. Anschließend arbeitete sie als Kamerafrau bei zwei Spiel- und einigen Kurzfilmen, sowie zahlreichen Dokumentationen mit. 2008 drehte sie mit Crossing Dates ihren ersten Langfilm, welcher im gleichen Jahr unter anderem bei Festivals in Pusan, Chicago, Cottbus und Rom gezeigt wurde. Ihr zweiter Langfilm, Crulic – The Path to Beyond, feierte 2011 seine Premiere beim Filmfestival in Locarno. Im Moment arbeitet Anca Damian sowohl an einem neuen Filmprojekt (A Very Unsettled Summer) als auch als Professorin an der Nationalen Universität für Theater und Filmkunst in Bukarest.

Essay

„Wenn ich meine Reise durch die Welt des Films in wenigen Worten beschreiben soll, würde ich sagen, ich habe als Kamerafrau begonnen, dann als Drehbuchautorin weitergemacht und schließlich auch begonnen, Filme zu machen, damit ich sie ganz nach meinen Vorstellungen realisieren konnte. Ich muss sagen, ich habe Glück, weil ich mehr Ideen habe, als ich umsetzen könnte. Natürlich war es eine riesige Herausforderung – wenn es hart auf hart geht, ist man ganz auf sich selbst gestellt, man muss die Flamme der Begeisterung entfachen und für das Team, das einen umgibt, nähren und am Leben erhalten.“
In dieser Stellungnahme kommt Anca Damians Persönlichkeit deutlich zum Ausdruck. Sie ist eine der wenigen Frauen, die in der rumänischen Filmindustrie nach 1989 aktiv sind. Ihre Arbeit zeichnet sich vor allem dadurch aus, immer wieder über sich selbst hinauszugehen und mit Neuem zu experimentieren. Ihre Entschlossenheit ist zweifelsohne auf ihre Leidenschaft für die Filmkunst zurückzuführen. Es ist nicht einfach, den eigenen Weg in einer Männerwelt wie der Filmindustrie in Rumänien und auch anderswo zu finden. Mit Geduld und Entschlossenheit nahm Anca Damian eine Stufe der Karriereleiter nach der anderen, wobei sie die den jeweiligen Herausforderungen eigenen Gesetze gründlich studiert hat, sei es in Hinblick auf Genres (Dokumentarfilm – Spielfilm – Trickfilm) oder Kompetenzen (Kamerafrau – Regisseurin – Produzentin). Die Dokumentarfilme, die berühmten Malern, wie Victor Brauner oder Ion Nicodim, gewidmet sind, zeugen von ihrem profunden und detaillierten Wissen über die Welt der Künstler. Dieses Wissen zeigt sich auch in den Filmen, in denen Musiker (Road t o Romani a, 2004) oder Amateurschauspieler die Hauptrolle spielen, wie etwa die Häftlinge in A fi s au a nu fi , einer Auseinandersetzung mit der geistigen Welt verurteilter Straftäter, die unglaubliche Bemühungen für die Kunst unternehmen, die sie als spirituell stärkend und läuternd empfinden.
Ihr erster Spielfilm – Înt âlni ri î ncruci şat e – ist ein Episodenfilm, der drei Erzählstränge und die Schicksale einiger Charaktere, die scheinbar in keiner Verbindung zueinander stehen, miteinander verknüpft. Der Film wurde bei vielen internationalen Festivals, von Busan über Goa, Göteborg, Cottbus und Rom bis Chicago, positiv aufgenommen. Die Filmkritik hob das intelligente Drehbuch und die subtilen Dialoge hervor und empfahl, die Entwicklung der Filmemacherin im Auge zu behalten. Diese Entwicklung verlief überraschend, weil Anca Damian mit Cruli c – Drumul s pre di ncolo das Genre wechselte und einen Animationsfilm drehte, der gleichzeitig ein Dokumentarfilm über ein viel diskutiertes Thema ist: den Fall eines rumänischen Mannes, der sich 2008 in einem polnischen Gefängnis zu Tode hungerte. Die Regisseurin kombiniert in Cruli c – Drumul s pre di ncolo auf raffinierte Weise mehrere Techniken (Handzeichnung, Collage, Stop-Motion-Verfahren und Cut-out-Animation), und erzählt eine kafkaesk anmutende Geschichte, die kraftvoll, schön und gleichzeitig sehr berührend ist. Der Film startete seine Festivalkarriere letztes Jahr in Locarno, und setzt sie weltweit (Telluride, Reykjavik, Warschau, London, Florenz, Cottbus, Vilnius etc.) fort. Anca Damian ist zweifelsohne eine starke Filmemacherin, von der noch viel zu erwarten ist.
(Cristina Corciovescu)